Das Sehen
Sehen will gelernt sein

Die meisten Menschen werden mit 2 gesunden Augen geboren, aber das bedeutet nicht zwingend, dass diese beiden auch optimal zusammen arbeiten.
Vom ersten Blickkontakt zum Vater oder zur Mutter über das Ergreifen von Gegenständen, das ausbalancierte Laufen lernen oder Fahrradfahren und später das Lesen: immer ist eine gute Zusammenarbeit der beiden Einzelaugen gefragt. Mit der Geburt beginnt, wie im gesamten Körper, auch bei den Augen ein Prozess der Entwicklung. Idealerweise entsteht bis zur Einschulung ein stabiles beidäugiges Sehen, bei dem die Seheindrücke beider Augen miteinander verschmolzen werden. Wir lernen ab dem Kindesalter mit allen Sinnen. So tragen riechen, hören, tasten, schmecken, sehen und vor allem Bewegung zu einer guten Entwicklung bei.
Zuerst schult die Bewegung das Sehen, dann schult das Sehen die Bewegung!
Entstehen in diesem komplexen Prozess Einschränkungen, ist eine optimale Entwicklung oft schwierig und es entstehen Einschränkungen im Alltag. Besonders das Sehen, die Bewegung und das Tasten, mit der damit verbundenen Koordination von Hand-Auge und Hand-Fuß-Auge, bilden die Basis für das weitere Leben.
Über 80% unserer Sinneseindrücke nehmen wir über die Augen auf. Zur Verarbeitung des Gesehenen werden 7 von 12 Hirnnerven genutzt und etwa die Hälfte aller Gehirnregionen ist an der Sehverarbeitung beteiligt . Um sehen zu können muss das Gehirn eine wahre Meisterleistung vollbringen, dafür wird etwa die Hälfte der gesamten Hirnenergie verbraucht.
Das Sehen ist also ein wahrer Kraftakt für unser Gehirn! Wenn hierfür mehr Energie aufgewendet werden muss als es für gewöhnlich notwendig ist, bindet dies eine Menge der Körperenergie.
Welche Fähigkeiten sind nötig, um lesen und schreiben zu lernen?
- Eigenkontrolle von Motorik und Gleichgewicht
- Gute visuelle Konzentration
- Fixation ( mit beiden Augen auf ein Objekt blicken )
- Fokussieren (das Objekt scharf abbilden)
- Kontrollierte, integrierte Augenbewegungen beim Verfolgen von Objekten
Manchmal gerät dieser empfindliche Prozess aus dem Gleichgewicht. Sehfähigkeiten werden dann nicht wie vorgesehen angelegt oder gehen wieder verloren. Die Ursachen sind sehr vielschichtig. Sie reichen von Störungen in der frühkindlichen Entwicklung über falsche Körperhaltungen, einseitige Belastungen und motorische Einschränkungen bis zu Unfällen oder Erkrankungen. So kann es passieren, dass durch eine Krankheit ( z.B. Schlaganfall ), ein Trauma ( Unfall ) oder Stress das visuelle System beeinträchtigt wird und Funktionen verloren gehen. Es entstehen vielleicht Doppelbilder oder ein unruhiger Seheindruck, der den Alltag erschwert. Ein optometrisches Training kann Fähigkeiten entscheidend verbessern und Ressourcen frei setzen.